In der Fotografie sind Reportage und Dokumentation ein Ausdrucksmittel und einen Gestaltungsrahmen die es ermöglichen, komplexe Inhalte zu transportieren. Dabei gibt es wesentliche formelle und inhaltliche Unterschiede zwischen diesen beiden Formen.
Gemeinsam ist beiden die Narration, also die Möglichkeit und Notwendigkeit eine Geschichte oder ein Sachverhalt zu schildern und in seinen Facetten fotografisch darzustellen. Sowohl in der Reportage aus auch in der Dokumentation wird eine Reihe von Fotografien in zu einem bestimmten Sachverhalt zusammengestellt. Das können entweder drei oder vier Fotos oder eine Serie von vielen Fotografien sein, die auch zum Beispiel in einem Buch oder einem Zeitschriftenartikel zusammengestellt sein können. Es geht also auch immer um das Gesamtbild und um den Spannungsbogenbogen die die Reihe oder Serie als geschlossenes Werk darstellt oder vermittelt. Neben der inhaltlichen Aussage, die natürlich ein ganz wesentlicher Faktor ist, geht es natürlich auch darum diese Inhalte mit fotografischen Mitteln so darzustellen, dass sie zum einen verstanden werden und zum anderen auch einen gewissen Unterhaltungswert besitzen. Es macht wenig Sinn eine spannende Reportage ausschließlich sachlich darzustellen. Um den Betrachter zu fesseln und für das Thema zu interessieren ist es unbedingt notwendig, die Bilder so aufzunehmen und zusammenzustellen dass sie eine spannende Reihe bilden.
Eine Möglichkeit der Gestaltung einer solchen Reihe oder Serie ist es zum Beispiel, sachliche Bilder mit emotionalen Bildern abzuwechseln und so Gefühl und Information zu übermitteln und dem Betrachter emotional zu binden. Wenn man zum Beispiel eine Reportage über ein Open Air Musikfestival erstellt sollte man zwischen den Bildern die die Bühne und das Publikum zeigen und damit das Festival und die Veranstaltungen klar dokumentieren immer wieder Nahaufnahmen von Fans und Besuchern machen die die Emotion dieser Veranstaltungen rüber bringen. Man könnte zum Beispiel auch Musiker fotografieren, die im Moment nicht auf der Bühne stehen (Backstage) und so dem Betrachter eine zusätzliche Perspektive und Ebene bieten, also Einblicke festzuhalten in einen Bereich des Festivals, der nicht zur offiziellen Plattform gehört. Also mehrere Aspekte und Ebenen in einer Serie zusammenfassen, die das Interesse des Betrachters aufrecht erhalten und immer wieder emotional binden.
Ein weiterer wichtiger Faktor einer Reportage oder Dokumentation ist der Spannungsbogen, also der narrative Aufbau der Serie oder Reihe. Man sollte also nicht gleich die besten Bilder zu Beginn zeigen und nach hinten Variationen des selben Themas, sondern den Betrachter langsam auf einen Höhepunkt hinführen. Wenn wir bei dem Festival bleiben, könnte das so aussehen dass man zu Beginn den Betrachter von außen hinein führt und zum Beispiel die ankommenden Fans oder den Aufbau der Bühnen zeigt, danach verschiedene Aspekte der Veranstaltung und im Laufe der Serie immer mehr emotionale Momente bis hin zu dem besten Konzert oder dem intensivsten Moment. Und zum Schluss kann man diese Serie wieder ausklingen lassen mit Bildern von verlassenen Orten, Müllbergen oder anderen Aspekten des Festivals. Das ist sicher jetzt eine sehr plakative und einfache Erklärung des Beispiels, es zeigt aber ein wesentliches Stilmittel, nämlich das aufteilen der Erzählung in verschiedene Kapitel die aufeinander aufbauen und nicht sofort zu Beginn der Serie zur eigentlichen Aussage führen. Wie eine gute Geschichte beginnt man zunächst über Stimmungsbilder in das Thema einzuführen und nach und nach Fakten und Emotionen aufzubauen. Das kann sowohl inhaltlich als auch mit fotografischen Mitteln geschehen.
Worin unterscheidet sich die Reportage von der Dokumentation?
Die Definition dieser beiden Begriffe ist sicher sehr vielschichtig und wird sehr unterschiedlich ausgelegt. Ich würde diese beiden Themen so abgrenzen: Eine Reportage zeigt einen Sachverhalt oder eine Veranstaltung oder eine gesellschaftliche Gruppe so weit es geht neutral und von einem außenstehenden Betrachtungsstandpunkt. Die Aussage einer Reportage sollte nicht zu sehr von der Meinung des Fotografen abhängen. Beispiele hierfür sind Kriegsberichterstattung, politische Großveranstaltungen und gesellschaftliche Ereignisse. Eine Reportage kann aber auch die fotografische Begleitung einer Expedition oder der Bericht über die Entstehung eines Kinofilms (Film Set Fotografie) sein. Überall hier ist der Fotograf angehalten seine eigene Meinung für sich zu behalten und objektiv über Inhalt und Ablauf zu berichten. Die Dokumentation hingegen, auch wenn sie nach außen hin formell der Reportage sehr ähnlich ist, hat immer einen Auftrag oder soll eine vorgefertigte Meinung bestätigen untermauern oder widerlegen. Es geht hier also nicht um Neutralität. Die Motivation für eine Dokumentation ist immer eine Meinung oder ein gefühlter Missstand der dargestellt, untermauert oder widerlegt werden soll. Hier ein paar Beispiele: Man begleitet alte Menschen und ihr Leben im Heim und möchte auf die Probleme und vielleicht auch auf Missstände aufmerksam machen. Man dokumentiert das Leben eines Sprayers und seine Probleme mit der Illegalität von Graffiti. Hier möchte man vielleicht auf eine Legalisierung der Straßenkunst hinwirken. Man begleitet eine Expedition in einen Nationalpark um auf die Ausrottung bestimmter Tierarten hinzuweisen. Man porträtiert und begleitet Jugendliche auf dem Weg ins Erwachsenen sein und zeigt die gesellschaftlichen Probleme und Spannungen dieser Jugendlichen auf um ein Umdenken oder Verständnis zu erreichen.
Das sind Beispiele die veranschaulichen sollen wo die Unterschiede liegen können. Natürlich gibt es auch immer Grenzbereiche zwischen Reportage Dokumentation. Eine wichtige Voraussetzung für eine gelungene Arbeit ist jedoch, dass man sich im Voraus klar wird was man erreichen möchte, welche inhaltlichen und visuellen Möglichkeiten sich ergeben und wie man die Reihe oder Serie präsentieren muss oder möchte. So ist es zum Beispiel wichtig zu wissen, ob die Arbeit in einer Ausstellung mündet, in einer Webseite oder in einer Zeitschrift erscheinen wird. Das hat zum Beispiel Auswirkungen auf die Wahl des Bildformates und einiger Stilmittel wie zum Beispiel die Wahl: Farbe oder Schwarz-Weiß.
Wie in einem Roman oder im Kinofilm ist es also wichtig den Inhalt schlüssig und formal, also in der Gestaltung spannend und ansprechend umzusetzen.